Wir, Die FRAKTION Die PARTEI im Rat der Stadt Dortmund, bitten um Beratung und Beschluss des folgenden Antrags.
Antrag:
Der Rat möge beschließen:
- die sog. “Ordnungspartnerschaft” des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) mit der Polizei aufzulösen.
- die Ausrüstung von Bediensteten des Ordnungsamtes mit Handfesseln, Reizstoffsprühgerät und Einsatzstock zu beenden.
- Die Uniformierung des KOD so umzugestalten, dass die Verwechslungsgefahr mit der Polizei ausgeschlossen wird.
Begründung:
„Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 2
Jeder hat das Recht auf […] körperliche Unversehrtheit. […]”
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist nicht nur im Grundgesetz verankert, sondern auch eines der wichtigsten unveräußerlichen, universellen Menschenrechte. Aus dem Recht auf körperliche Unversehrtheit leitet sich das staatliche Gewaltmonopol ab. „Das bedeutet, dass nur der Staat Gewalt anwenden darf. “Und dies auch nur, wenn es wirklich nötig ist.” (1) Denn das Gewaltmonopol dient dem Ziel einer gewaltfreien Gesellschaft, und nur zu diesem Zweck ist es dem Staat gestattet, „unmittelbaren Zwang” anzuwenden.
Im deutschen Staat ist es ausschließlich die Polizei, der diese Bürde vorbehalten ist. „Es gilt prinzipiell und grundlegend das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Das heißt, dass auch die Polizei Gewalt generell nur ausnahmsweise anwenden darf und nur dann, wenn sie eine polizeiliche Maßnahme auf andere Weise nicht durchsetzen kann.” (2) (Die abweichende Praxis – Stichwort: Polizeigewalt – ändert an dieser Grundordnung nichts.)
Das Ordnungsamt darf grundsätzlich keine Zwangsmaßnahmen ergreifen, um seine Aufgaben durchzusetzen. (3)
Und doch wird zur Kompensation der chronischen personellen Engpässe der Polizei die rechtliche Einordnung der Ordnungsämter als „untere Polizeibehörde” genutzt, um so zu tun, als sei der Gemeindliche Vollzugsdienst (auch bekannt als “KOD”) die Polizei und als seien dessen Mitarbeiter Polizisten. Dies äußert sich nicht nur durch die Uniformierung der „Polizeibehörde”, so dass sie der Polizei zum Verwechseln ähnlich sieht, sondern auch durch eine zunehmende Bewaffnung.
Während noch allerorts im Jahre 2024 darüber diskutiert wird, ob die Ausrüstung der Kommunalsheriffs mit Schlagstöcken und Handschellen überhaupt zulässig ist, bewaffnet die Stadt Dortmund das Ordnungsamt schon seit Jahren. (4)
Bereits 1998 schuf man sich die sogenannte „Ordnungspartnerschaft” mit der Polizei. (5) Seit dem Einstellungsjahr 2020 werden speziell für das Ordnungsamt 15 Nachwuchskräfte im Ausbildungsberuf “Fachkraft für Schutz und Sicherheit” ausgebildet, also in der Einübung von Gewalt. (6) Die Zahl wuchs dann sehr schnell auf 64 Mitarbeitende. (7)
Mit Handfesseln, Reizstoffsprühgerät und Einsatzstock werden Mitarbeitende des Ordnungsamtes auf die BürgX losgelassen, um Leinenzwang, Grillreglements und das Einhalten der Flaschencontainerzeiten zu kontrollieren. Zusätzlich treten sie zunehmend beleidigend und auch gewaltsam gegenüber Obdachlosen und Drogenkranke auf. Also eigentlich genau jenen Menschen, die sehr vulnerabel sind. (8)
Bevor PolizistX bewaffnet auf die Bevölkerung losgelassen werden dürfen, werden sie in Nordrhein-Westfalen 3 Jahre ausgebildet und zahlreichen entsprechenden Verpflichtungen unterworfen. Vom Kommunalen Ordnungsdienst ist dergleichen nicht bekannt.
Die Bewaffnung diene dem Schutz der Bewaffneten, heißt es. Und um eine Schutzbedürftigkeit durch die Gefährlichkeit der Dortmunder BürgX zu belegen, werden Horrorszenarien von Angriffen bettelnder Menschen ausgeschmückt und dramatisiert. Genaue Auskünfte über Art und Häufigkeit der Bedrohung bleibt man jedoch schuldig. Erstaunlich, dass das ordnungsliebende Ordnungsamt ausgerechnet die Angriffe auf die eigenen Mitarbeiter offenbar nicht zählt bzw. “statistisch erfasst”. Ließe sich doch die vorgebliche Notwendigkeit gegenüber der Gefahr “BürgX” aufzurüsten so am leichtesten untermauern. Opfer auf der anderen Seite werden natürlich erst recht nicht erfasst.
Betrachtet man die Selbstdarstellung (5) des KOD, so wird mehr als deutlich, was für die bewaffnete Einsatzgruppe im Mittelpunkt steht: Körperliche Gewalt, respektive Einschüchterung. (9)
Bereits 2020 als maskuline Muskelmännchen und -Frauchen mit adrettem Barett präsentiert, erinnerte der KOD eher an 80er Jahre Actionhelden (10) als an offizielle Mitarbeitende der Stadtverwaltung, die sich um die Anliegen Tierkot und Anliegerpflichten sorgen. Die Uniformierung wurde mittlerweile dem martialischen Erscheinungsbild der paramilitärischen Bereitschaftspolizei soweit angeglichen, dass man sie kaum noch von der “echten” Polizei unterscheiden kann.
Um zu veranschaulichen, welch gefährliche Gestalten dem Dortmunder Ordnungsamt nach dem Leben trachten und gegen wen man nur mit Schlagstöcken und Pfefferspray eine Chance hat, liefert der KOD erschreckende Beispiele: Menschen mit bunten Haaren (!!!), die sich bereits am Boden befinden.
Wir fassen zusammen:
Wenngleich es in der BRD der extra intensiv dafür ausgebildeten Polizei vorbehalten ist, Gewalt auszuüben um selbige zu vermeiden, hält das Ordnungsamt eine bewaffnete „Besondere Einsatzgruppe”, die mit 64 Mitarbeitenden die zweitgrößte Abteilung des Gemeindlichen Vollzugsdienstes ist.
Die Mitarbeitenden werden nach eigenen Angaben vornehmlich in der Ausübung von Gewalt geschult, und das Selbstverständnis dieser Gruppe ist ebenso von Gewaltaffinität geprägt. Gesetzliche Grenzen spielen für das Ordnungsamt eine untergeordnete Rolle. Mangels Auskunftswillen ist eine Kontrolle des „Kommunalen Ordnungsdienstes” nicht möglich.
Bewaffnung und die martialische Polizeiverkleidung weichen die Grenzen des staatlichen Gewaltmonopols auf und unterminieren die Autorität der „echten” Polizei (Stichwort: Flaschenbehörde!).
Den BürgX wird eine Bedrohungsrolle und -lage suggeriert, derer die Stadtverwaltung sich nur noch mit Schlagstock und Pfefferspray erwehren kann. Somit konterkariert der „Kommunale Ordnungsdienst” das Leitbild einer gewaltfreien Gesellschaft und schadet dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Menschen.
Die kommunale Knüppelbande stellt nicht zuletzt eine erhebliche, unkontrollierte Gefahr für die körperliche Unversehrtheit der DortmundX dar und muss daher umgehend entwaffnet werden!
Nach einer umfassenden Resozialisierung mit reichlich Training in gewaltfreier Kommunikation kann die Knüppelgarde sicher nutzbringend beim ganz normalen Stadtordnungsdienst oder der Verkehrsüberwachung eine gesellschaftsverträgliche Verwendung finden.
Quellenangabe:
1 https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-in-einfacher-sprache/249933/gewaltmonopol/
2 https://de.wikipedia.org/wiki/Unmittelbarer_Zwang
3 https://www.bussgeldkatalog.org/ordnungsamt/
6 https://www.wirindortmund.de/dortmund/kommunaler-ordnungsdienst-erhaelt-verstaerkung-14-mitarbeiterinnen-der-task-force-corona-unbefristet-eingestellt-143989
7 https://www.wirindortmund.de/dortmund/kommunaler-ordnungsdienst-stadt-setzt-verstaerkt-auf-ausbildung-von-nachwuchskraeften-59218
8 https://fraktionswolke.de/index.php/s/gi4pag6Bm2WMAMK
9 https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/handschellen-wegen-flyer-verteilaktion-in-dortmund-was-das-ordnungsamt-darf-und-was-nicht-w767359-2000894697/
10 https://www.netflix.com/de/title/70307662
Rede zu TOP 10.19 Demilitarisierung des Ordnungsamtes (Ratssitzung vom 26.09.24)
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